Es gibt viele Dinge, die einfach scheinen aber recht kompliziert sind. Dazu zählt die Zeitzählung. Über die Sekunde als Basis der Zeitzählung wurde bereits unter Zeitsysteme berichtet: Eine hochpräzise Definition der Sekunde gibt es erst seit 1967, vorher – und ohne Atomuhren – war eine genaue Zählung von Sekunden gar nicht möglich.
Auf der Zählung der Sekunden beruhen neben der bürgerlichen Weltzeit UTC und den darauf basierenden Zonenzeiten (die die Schaltsekunden nicht mitzählen sondern die Zeitzählung anhalten, wenn eine Schaltsekunde eingeschoben wird) auch die TAI- und GPS-Zeit, die beide die Schaltsekunden mitzählen, und die sich konstant um um 19 Sekunden unterscheiden.
Tageszählung
Die Tages- und Jahreszählungen scheinen da weniger kompliziert: Die Länge des Tages ist durch Zahl von 86400 Sekunden bestimmt. Die Tageszählung hat mit ihrer Variante des julianischen Datums die über die letzten gut 6700 Jahre einfachste Form: Jeder julianische Tag beginnt mittags um 12:00 h UTC, und die Tage werden einfach durchgezählt seit JD 0,000 = 1. Januar 4713 v.Chr 12:00 UTC (rückgerechnete UTC, denn damals gab es natürlich noch keine UTC). Am 14. Januar 2006 um 12:00 UTC war das julianische Datum 2.453.750,000.
Ein früher Vorgänger der julianischen Tageszählung ist die „Lange Zählung“ der Maya, die für einen Zeitraum von 5000 Jahren jeden einzelnen Tag eindeutig angeben konnte. Auch bei den Maya wurde diese Zählung für astronomische Berechnungen benutzt. Im täglichen Leben benutzten die Maya hingegen einen Sonnenkalender mit 18 Monaten zu 20 und einem Monat zu 5 Tagen, also 365 Tagen.
Eine andere, durchlaufende Tageszählung ist etwa in Kalkulationsprogrammen wie Lotus 1-2-3 oder Microsoft Excel integriert, hier ist meist der 1. Januar 1900 der Tag 1 der Zählung. Ein schlimmer Fehler ist allerdings, dass sowohl Lotus 1-2-3 als auch Microsoft Excel das Jahr 1900 fälschlicherweise als Schaltjahr behandeln und folglich einen 29.02.1900 kennen, obwohl es diesen Tag gar nicht gegeben hat.
Berechnungen mit Excel oder Lotus 1-2-3 sind also falsch, wenn sie vor den 1. März 1900 zurück rechnen. Zukunftsfest sind die Programme jedoch: Die Jahre 2100, 2200, 2300 behandeln beide Programme korrekterweise nicht als Schaltjahr, wohl aber wieder 2400. Jahre vor 1900 können diese diese beiden Programme mit der integrierten Kalenderfunktion überhaupt nicht bearbeiten – da muss man selbst programmieren.
Ein Programm, das (einschließlich aller Schaltjahrsregeln nach gregorianischem Kalender) korrekt bis zum 01.01.0001 (1 n.Chr.) zurück zu rechnen erlaubt, ist Ragtime, ein rahmenorientiertes Layout-Programm, das Textverarbeitung und Kalkulation in einer Oberfläche auf geniale Weise vereint und die Benutzung mehrerer Programme wie in den Office Paketen üblich unnötig macht. Für private Anwender ist Ragtime kostenlos.
Open Office Calc geht ganz eigenwillig vor: Calc wendet die Schaltjahresregel nach gregorianischem Kalender korrekt an nach dem 15.10.1582, alle vorher liegenden Daten werden nach julianischem Kalender angezeigt, d.h. auf den 4.10.1582 folgt als nächster Tag der 15.10.1582, und die Jahre 1500, 1400, 1300, 1100, …, 100 sind Schaltjahre. Calc wendet diesen julianischen Kalender (ausnahmslos alle 4 Jahre ein Schaltjahr) sogar v.Chr. an, so dass die Jahre 1 v.Chr., 5 v.Chr, 9 v.Chr,…, 101 v.Chr.,… bei Calc Schaltjahre sind, was historisch falsch ist (s.u.: Julianischer Kalender). Für weitere Verwirrung sorgt, dass Calc in der Anzeige z.B. nicht zwischen dem Jahr 5 n.Chr. und 5 v.Chr. unterscheidet!
Auf UNIX Rechnern wird die UNIX-Zeit gezählt, und zwar in Sekunden, beginnend mit der „Epoche“ 0 = 1. Januar 1970 0:00 h UTC. Die Umrechnung in Datum/Zeit-Angaben berücksichtigt dabei üblicherweise nicht die Schaltsekunden.
Kompliziert ist die Zählung der Tage nach diversen Kalendern, da diese zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Ländern recht unterschiedlich waren und sind. Selbst wenn wir in dem heute bei uns üblichen gregorianischen Kalender rechnen, gibt es eine Reihe von Schwierigkeiten, insbesondere wenn man die Datumangaben mit Original-Zeugnissen aus früherer Zeit vergleichen will oder muss. Schuld daran ist die Tatsache, dass nur in katholischen Ländern der gregorianische Kalender 1582 eingeführt wurde, in den anderen Ländern aber zu unterschiedlichsten späteren Zeitpunkten. So konnte man z.B. am Neujahrstag 1680 in Köln einen Brief schreiben, der rechtzeitig zu Weihnachten 1679 in Bremen ankam.
Ägyptische Kalender
Im alten Ägypten war das Maß für die Zeitmessung das Sonnenjahr. Als regelmäßiger Vorbote für die Überschwemmung des Landes durch den Nil trat der hellste Fixstern, Sirius, in der Morgendämmerung wieder hervor, nachdem er ca. 2 Monate aufgrund der nahe stehenden Sonne nicht beobachtbar war. Damit kannten die Ägypter die Jahreslänge mit 365 Tagen bereits recht genau.
Im Alltag lebte man allerdings (wie die Babylonier) nach einem Mondkalender mit 12 Monaten von je 29 oder 30 Tagen, also einer kalendarischen Jahreslänge von nur 354 Tagen. Seit der Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr. wurde deshalb wie in Babylonien ein Schaltmonat eingeführt.
Später wurden dann auf Basis des 365-Tage-Sonnenjahres 12 Monate à 30 Tage eingeführt plus 5 Feiertage, die keinem Monat zugeordnet waren. Parallel wurde jedoch der Mondkalender weiter verwendet und in ähnlicher Form später auch von den Griechen übernommen.
Der Fehler zwischen der Jahreslänge von 365 Tagen und der tatsächlichen des tropischen Jahres von 365,2422 Tagen hat jedoch den Jahresbeginn immer weiter nach vorn verschoben, bis er nach einer Periode von 1461 Jahren wieder mit dem Sirius-Aufgang zusammenfiel. Kalenderreformen wurden zwar von mehreren Pharaonen versucht, ließen sich jedoch nicht durchsetzen. Erst 26 v. Chr. übernahmen die Ägypter den Julianischen Kalender aus Rom.
Julianischer Kalender
Der alte Römische Kalender war ursprünglich ein von den Griechen übernommener Mondkalender. Dieser wurde je nach Bedarf in unregelmäßigen Abständen an das Sonnenjahr angepasst. Dies führte zu so großen Schwierigkeiten, dass Julius Caesar einen neuen Kalender von dem ägyptischen Astronomen Sosigenes ausarbeiten ließ. Den Anstoß dazu lieferte der Sonnenkalender, den Caesar 48 v. Chr. in Ägypten kennengelernt hatte.
Dieser neue, später ihm zu Ehren julianisch genannte Kalender trat im Jahre 46 v. Chr. in Kraft. Er bestand aus 12 Monaten mit abwechselnd 31 oder 30 Tagen, nur der Februar besaß 29 Tage. Das Jahr 46 v. Chr. („Verworrenes Jahr“) musste auf 15 Monate (=445 Tage) verlängert werden, um den neuen Kalender mit dem Sonnenstand in Übereinstimmung zu bringen.
Im alten römischen Kalender wurde in den Schaltjahren der Februar auf 23 Tage verkürzt und ein Schaltmonat eingefügt. Diesen Zeitpunkt der Schaltung behielt Caesar bei, so dass jedes vierte Jahr (Schaltjahr) nach dem 23. Februar ein Schalttag (ein „zweiter sechster Tag vor Beginn des Monats März“) eingeführt wurde. Die restlichen Tage des Februar (vom 24. bis zum 29.) behielten jedoch zunächst ihre Rückwärts-Zählung „6. Tag vor Beginn des März“, „5. Tag vor Beginn des März“, …, „Letzter Tag vor Beginn des März“. Die Gewohnheit, die Tage des Monats vom 1. bis 29., 30. oder 31. durchzuzählen, kam erst später auf.
Die Schaltjahres-Regel wurde nach Cäsars Tod von den Priestern zunächst falsch angewandt: Die Priester verfügten bereits alle drei Jahre ein Schaltjahr. Das erste Schaltjahr war 45 v. Chr., danach alle drei Jahre bis 9 v. Chr. Die dadurch zu viel gezählten Schaltjahre wurden durch Kaiser Augustus korrigiert, indem erst wieder 8 n. Chr ein Schaltjahr eingefügt und danach zum Vierjahreszyklus übergegangen wurde (Augusteische Korrektur).
Im Jahre 44 v. Chr. wurde der Quintilis (ursprünglich fünfter Monat, seit 153 v. Chr. der siebente) Julius Caesar zu Ehren in Julius umbenannt. Später wurde der Sextilis (ursprünglich sechster Monat, seit 153 v. Chr. der achte) zu Ehren Kaiser Augustus‘ nach diesem benannt. Bei dieser Gelegenheit wurde der August auf 31 Tage verlängert, dafür der Februar von 29 auf 28 Tage verkürzt, außerdem der September und November von 31 auf 30 Tage verkürzt sowie Oktober und Dezember von ursprünglich 30 auf 31 Tage verlängert. Außerdem wurden in den nachfolgenden Jahrhunderten häufig die Namen der Monate geändert.
Gregorianischer Kalender
Der Julianische Kalender unterstellt eine Jahreslänge von 365,25 Tagen. In Wahrheit beträgt die (tropische) Jahreslänge jedoch 355,2422 Tage. Diese Differenz hat dazu geführt, dass sich der kalendarische Frühlingsanfang gegenüber dem tatsächlichen Frühlingsanfang (Sonne steht im Frühlingspunkt) bis zum späten Mittelalter um 9 Tage verspätet hatte. Erste Ansätze zu einer Kalenderreform gabe es deshalb schon im 13. Jahrhundert, doch erst Papst Gregor XIII. setzte 1582 durch, dass der Kalenderfehler behoben wird, indem auf Donnerstag, den 4. Oktober, Freitag, der 15. Oktober folgte.
Außerdem verfeinerte er die julianische Schaltregel dahingehend, dass Jahre, die durch 100 teilbar sind, keine Schaltjahre sind, es sei denn, sie sind durch 400 teilbar. Also war 1600 ein Schaltjahr, 1700, 1800, 1900 nicht, 2000 jedoch wieder. Auf diese Weise wurde die kalendarische Jahreslänge auf 365,2425 Jahre korrigiert, was dem wahren Wert des tropischen Jahres schon sehr nahe kommt, so dass über eine Ausnahme von der gregorianischen Schaltregel erst nach 3330 Jahren nachgedacht werden muss – nach dieser Zeit summiert sich die Differenz in den Jahreslängen wieder zu einem Tag.
Wichtig zu wissen ist jedoch, dass der gregorianische Kalender nur in den katholischen Ländern sofort oder zum 1. Januar 1583 eingeführt wurde. In den meisten protestantischen Ländern erfolgte dies zum 1. März 1700, in Großbritannien am 14. September 1752, in Russland am 14. Februar 1918, in Griechenland am 23. März 1924 und in der Schweiz (nach Kanton verschieden) zwischen 1583 und 1812. Bei Datumangaben aus historischen Quellen muss man also wissen, welcher Kalender dort gerade gültig war…
Heutige Kalender
Auch heute werden noch mehrere weitere Kalender außer dem gregorianischen verwendet.
Im griechisch-orthodoxen Kalender bleiben nicht die durch vier teilbaren Hundertjahre Schaltjahre sondern diejenigen, die durch 9 geteilt den Rest 2 oder 6 ergeben, also nicht wie nach dem gregorianischen Kalender 1600, 2000, 2400, 2800,… sondern 2000, 2400, 2900, 3300, 3800,… Dadurch ergibt sich eine kalendarische Jahreslänge von 365,24222 – ein wesentlich besserer Wert als 365,2425 beim gregorianischen Kalender.
Die orthodoxe Kirche bestimmt allerdings ihren Weihnachts- und Ostertermin noch immer nach dem julianischen Kalender.
Der jüdische Kalender kennt in einem Zyklus von 19 Jahren 12 Jahre mit 12 Monaten und 7 Schaltjahre mit 13 Monaten.
Der islamische Kalender ist ein reiner Mondkalender. Die islamische Zeitrechnung beginnt mit dem 1. Muharram, (16. Juli 622), dem Datum der Hidschra, der Auswanderung des Propheten Muhammad aus Mekka. Weil das Mondjahr kürzer als das Sonnenjahr ist, wandern die Monate (auch der Fastenmonat Ramadan) im Laufe mehrerer Jahrzehnte durchs Sonnenjahr. Der neue Monat beginnt, wenn die Mondsichel nach Neumond wieder sichtbar ist (= Neulicht), der Tag beginnt mit der Abenddämmerung.
Der chinesische Kalender rechnet sowohl mit dem Sonnenzyklus (Jahr) als auch mit dem Mondzyklus (Monat) und wird durch astronomische Ereignisse bestimmt. Er wird heute in China nur noch zur Berechnung von Festen benutzt, im bürgerlichen Leben gilt der gregorianische Kalender.
Jahreszählung
Auch bei der Jahreszählung gibt es Merkwürdigkeiten. Bei den Römern wurden die Jahre ab „urbe condita“, Gründung der Stadt Rom, gezählt, die für 753 v. Chr. angenommen wurde. Im römischen Alltag wurden die Jahre jedoch gar nicht gezählt sondern nach den Konsuln benannt, deren Amtszeit 2 Jahre währte. In Ostrom begann die Zeitrechnung mit dem Jahre der „Erschaffung der Welt“, die für 5500 v. Chr. abgenommen wurde.
Bei der bis heute üblichen christlichen Jahreszählung muss man darauf achten, dass es „Jahr 1 vor Christi Geburt“, „Jahr 1 nach Christi Geburt“, nicht aber das Jahr gibt, in dem Christus geboren wurde. Für Zeitberechnungen braucht man das Jahr 0 aber selbstverständlich, so dass in Rechnungen Jahreszahlen v. Chr. immer um 1 korrigiert werden müssen:
1 v. Chr = 0, 2 v. Chr. = -1, 3 v. Chr. = -2,…
Noch einmal: Tages- und Jahreszählung
Wirklich schwierig wird es aber dann, wenn man sehr lange auf der Zeitskala zurück geht, denn das Verhältnis von Tages- und Jahreslänge hat sich durch die Verminderung der Erdrotation im Laufe von Jahrmillionen erheblich geändert: Aus sehr alten Korallen konnte man ablesen, dass ein Jahr vor vielen Millionen Jahren aus mehr als 400 Tagen bestand. Diese Tage waren natürlich entsprechend kürzer als unsere heutigen Tage, denn die Jahreslänge (Revolution der Erde um die Sonne) verändert sich kaum. Erfreulicherweise brauchen wir aber in Zeiten, die so weit zurück liegen, meist nicht in Tagen oder Jahren zu rechnen sondern eher in Jahrtausenden oder Jahrmillionen.